Auch scheinbare Fehler können show-immanent sein!

Von Roman Ertl

„So ein Mist!“ Hier klappt die Technik nicht, da fällt mir ein Requisit aus der Hand oder sonst eine sogenannte Störung unterbricht den Fluss der Vorstellung. Man ist genervt, versucht es zu überspielen oder mit einem halbherzigen Gag zu entschuldigen, das angeblich unpassende nicht beabsichtigte Geschehen. Ein Gedankenschema von passt in die Show – passt nicht in die Show wird von DADO (Daniel Warr), einem kanadischen Straßenkünstler, Zauberer und Clown nicht akzeptiert.

Foto: Roman Ertl

Ich durfte ihn auf der kulturellen Landpartie im Wendland erleben. Seine aktuelle halbstündige Vorstellung basiert häufig auf einfachen Zauberkunststücken, die clownesk, pantomimisch erhöht und skurril präsentiert werden. Ein Meister des Timings, insbesondere wenn es gilt, aneinandergereihte Effekte in Abfolge zu steigern sowie mit kurzen, auch verzerrten Lautfolgen Geschehen anzukündigen, zu kommentieren oder zu provozieren.

Fehler oder Störung bereichern die Show

Doch kommen wir zu den sogenannten „Fehlern“ oder „Störungen“. Gleich mehrere bereicherten (!) die dargebotene Show. So war gleich zu Beginn das Seil, welches die Umstehenden bei seiner Performance nicht übertreten sollten und seine „Bühne“ abschirmte, verknotet; mehrfach verschlungen und verwirrt. Da gab es keinen hilfesuchenden Blick an seine Partnerin, keine hastigen Bewegungen oder ärgerliche Mimik. Leise schnatternd, mit den Hüften wiegend entwirrte er das Chaos – und ließ sich Zeit dabei. Er lächelte und zum Finale fiel ihm wohl ein alter Seiltrick ein und das letzte Stück, das zur Befreiung des Knäuels führte, zog er langsam zur Seite, so als würde er die Odd Ropes präsentieren. Und erhielt von einer Seite sogar Beifall, als glamourös sein Werk befreit zu Boden sank.

Nach einem warm-up mit uns Umstehenden funktionierte seine Tonanlage im Freien zunächst nicht. „Problem“ kommentierte er erfreut – und machte etwas anderes. Bitte? Eine Show hat doch gefälligst perfekt zu sein und das Problem muss unverzüglich behoben werden! Oder etwa doch nicht? Pustekuchen, oder so ähnlich, dachte sich augenscheinlich DADO und akzeptierte diesen Umstand. Er wusste wohl zunächst auch nicht, was da (technisch) zu tun wäre, aber das tat seiner Stimmung keinen Abbruch. Als dann plötzlich während der folgenden Zauberclown-Routine der Ton überraschend und scheinbar unpassend reinquäkte und durch diese Ablenkung die Aufmerksamkeit defokussierte, holte er mit einer magischen Geste die Zusehenden wieder zu sich und sprach betonend: „Magic!“ und hatte damit einen ungeplanten Lacher zusätzlich.

Gespräch mit dem Hund

Schließlich jaulte und kläffte ein Hund neben der „Bühne“ und zog die Aufmerksamkeit mit seiner Penetranz weg vom magischen Geschehen. DADO ließ diesen „Gast“ Zeit und Raum sich über das Bühnengeschehen lautstark kommentierend zu äußern. Er beobachtete nur freundlich interessiert diese für ihn anscheinend verständlichen Mitteilungen in Hundesprache. Dann überschritt er das trennende Seil und ging in Richtung des Hundes, um ihm in einem ähnlich jaulend- kläffenden Ton eine nette Antwort zu geben. Der Hund war überrascht, genauso wie sein Herrchen, doch beide entzogen sich weiterer Kommunikation und suchten andere Gesprächspartner weiter entfernt außerhalb der Hörweite.

Fazit: Mit einer Haltung, die „Fehler“ als Teil (jeder?) Show akzeptiert, kann diese nur gewinnen.        

One thought on “Auch scheinbare Fehler können show-immanent sein!

  1. Sehr schöner Bericht!
    Mir drängt sich fast der Verdacht auf, dass einige „Pannen“ sogar geplant sind und fest zum Programm gehören (z. B. Tontechnik).
    Die jahrelange Erfahrung hilft natürlich mit echten Pannen souverän umzugehen.
    Wobei wir schon beim alles entscheidenden Stichwort wären: Souveränität!
    Nicht die Erwartungen des Publikums sind entscheidend, sondern der (souveräne!) Umgang mit der Situation.
    In diesem Sinne – Bleibt stets souverän!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert