Ulrich Rausch
Sicherheit
Zum (vorläufigen) Abschluss dieser Serie über die Gestaltung eines Kinderprogramms habe ich noch ein paar Gedanken, die zwar nicht direkt zur Programmgestaltung gehören, aber in meinen Augen trotzdem wichtig sind. Und wenn man sie nicht beachtet, dann nützt auch das schönste Programm nichts: Es geht um das große Feld der Sicherheit.
Zuvor möchte ich mich bei den Leser*innen bedanke, dass sie mir diese 10 Teile gefolgt sind, und besonders bei jenen, die einen Kommentar oder eigenen Gedanken beigetragen haben.
Sicherheit auf der Bühne
Wenn Kinder zum ersten Mal auf der Bühne stehen, dann ist dies meist mit Unsicherheit verbunden: Der Blick in die Zuschauermenge, das Licht, das evtl. blendet und dann bekommen sie noch eine außergewöhnliche Aufgabe.
Ich versuche deshalb von Anfang an dem Kind Sicherheit zu geben. Das beginnt in dem Augenblick, in dem es auf die Bühne kommt (wenn es eine Stufe oder Treppe gibt, reiche ich die Hände genauso, wie ich es wieder nach unten begleiten würde) und setzt sich kontinuierlich auf der Bühne fort.
Klare Anweisungen geben
Klare und deutliche Anweisungen, was das Kind tun soll, gehören dazu. Also sage ich nicht: „Halte mal das Seil.“, wenn ich möchte, dass es das Seil zwischen beiden Händen gespannt halten soll. Ich sage ganz genau, was es WIE tun soll, und bei komplexeren und außergewöhnlichen Dingen mache ich es ggf. auch pantomimisch vor. Oder auch, wenn ich den Eindruck habe, dass das Kindt etwas begriffsstutzig ist.
Auf diese Weise vermittle ich dem Kind Sicherheit, weil es genau weiß, was es tun solI. Ich lasse es vor den Zuschauern auch „glänzen“, weil es alles richtig macht und ich selber muss nicht nachträglich eingreifen. Auch wenn ich nicht der übermäßige Freund von gescripteten Vorträgen bin: Anweisungen kann man sich tatsächlich aufschreiben, um selber zu lesen oder auch andere lesen zu lassen, wie klar und verständlich sie sind.
Wo steht das Kind auf der Bühne?
Ein anderer Punkt von Unsicherheit ist die Frage, wo das Kind auf der Bühne seinen Platz hat: Es steht unruhig (wie bestellt und nicht abgeholt irgendwo rum), bewegt sich hin und her, kurz: Die Unsicherheit wird motorisch sichtbar. Ein Kind auf einen Hocker oder einen Stuhl zu stellen, damit es einen festen Platz hat, lehne ich ab: Gerade bei motorisch sehr aktiven Kindern müsste ich ständig darauf achten, dass es nicht herunterstürzt. Und den Aspekt der „Augenhöhe“ kann ich auch anders managen.
Bei einigen Programmen habe ich als Teil des Bühnenbildes einen Stuhl dabei: Darauf kann ein Kind sich setzten. Wenn nicht: Ich habe deshalb eine Idee des amerikanischen Zauberkünstlers Danny Orleans übernommen. (Link: http://dannyorleansmagic.com/) Ich habe Teppichbodenstücke aus der Restekiste des Baumarkts in 4 verschiedenen Farben. Die lege ich auf den Boden wenn ein Kind auf die Bühne kommt: Dies ist sein Platz, und es soll immer mindestens mit einem Bein auf dem Teppich stehen. Denn es ist ein Zauberteppich, und von ihm geht die Magie aus. Und wenn ein Kind zu sehr rumhampelt, dann reicht meist ein Blick, und schon ist es wieder an seinen Platz. Vier verschiedene habe ich dabei, falls mal mehr Kinder mittmachen sollen, dann bekommt jedes seine individuelle Farbe.
Sicherheit vor der Bühne
Da ich während der Vorstellung letztlich dafür verantwortlich bin, was passiert, rede ich schon im Vorfeld ein ordentliches Stück mit, was die Rahmenbedingungen betrifft. Ich achte auf eine Sitzordnung, die chaosfrei geräumt werden kann, dass keine Stolperfallen (Ranzen, Taschen, Stromkabel etc) im Weg liegen, Fluchtwege bleiben frei und werden nicht zugestellt. Und wenn es während der Vorstellung etwas gibt, das zu einem Problem werden könntet, versuche ich es weder zu ignorieren noch zu überspielen, sondern schätze kurz ab, ob es sich zu einem größeren Problem entwickeln kann. Falls ja, dann greife ich sofort ein.
Beispiel: Ein Kind aus der Mitte des Publikums muss auf die Toilette und versucht über die Stühle und Bänke zu steigen, während die anderen zusehen wollen. Bevor dies zu größerer Unruhe führt, unterbreche ich und sorge dafür, dass das Kind möglichst problemlos den Zuschauerbereich verlassen kann. Mein Motto: Lieber 1 Minute das Programm einfrieren, als 3 Minuten lang eine unterschwellige Unruhe, die ich dann vielleicht irgendwann nicht mehr kontrollieren kann.