Das Ende meiner Hausbar

Heute gibt es einen melancholischen Beitrag, den ich dir aber nicht vorenthalten möchte. Es geht darum, Vergangenes loszulassen, mich selbst zu finden und zu neuen Wegen aufzubrechen.

In Vorbereitung meines Umzugs in ein paar Tagen bin ich zurzeit damit beschäftigt, meinen Hausstand zusammenzupacken, Unnötiges zu entsorgen und manches in andere Hände zu geben.

Den Großteil meiner LEGO-Sammlung hat mein Sohn geerbt, ein Teil davon gehört ihm sowieso aus Kindertagen, er bekommt ihn jetzt zurück. Die weiteren Sets, die ich gekauft hatte, sind praktisch Zinsen für ihn. Ohne die LEGO-Austellung sieht meine Wohnung übrigens ziemlich leer aus.

Tullamore Dew – ich lieb(t)e dich

Heute habe ich Schränke ausgeräumt. Dabei bin ich auch auf meine Hausbar gestoßen. Darin war noch ein klitzekleiner Rest Whisky. Tullamore Dew – meine Lieblingsmarke seit Jahrenden, wie wir hier im hohen Norden sagen. Und daneben eine halbe Flasche Grappa Cuveé blond mit 41,5 Umdrehungen, also %. Den hab ich vor Jahrzehnten mal zum Geburtstag geschenkt bekommen und nie die Flasche leer getrunken. 🙂

Und genau in dem Moment kam der melancholische Anflug. Damals, vor 30 – 40 Jahren haben wir in einem Kreis von 8 Personen regelmäßig unsere Geburtstage gefeiert. Privat zu Hause. Es gab immer lecker essen, ich habe gerne zu diesem Anlass 3 – 4 Gänge Menus gekocht. Vorzugsweise Sachen, die ich vorher noch nie probiert hatte. Nach Kochbuch. Und meistens sind die Sachen tatsächlich gelungen und haben geschmeckt.

Danach wurde getrunken, geklönt, Musik gehört, bis zu einem gewissen Alter auch getanzt. Wir waren einfach jung und ausgelassen und haben unser Leben geliebt, gelebt und genossen. Scheiß auf morgen, heute wird gefeiert.

Ich finde, das war und ist eine gesunde Einstellung zum Leben. Genieße den Tag, wer weiß, wann dein letzter schlägt? Und das sage ich ganz bewusst nicht erst jetzt im Alter, wo ich auch nicht vorhabe, bald zu sterben. Bekanntlich will ich bei bester körperlicher und geistiger Gesundheit 102 Jahre alt werden.

Nein, das war schon immer meine Devise. Schon früh habe ich erleben müssen, wie sich ein Freund meiner Jugend mit 19 Jahren mit seinem Auto totgefahren hat. Im besten Mittelalter ist ein sehr guter Sportfreund mit Mitte 30 verstorben. Meine Schwägerin Renate in Berlin, immer voller Aktivität und Lebensfreude, zu der ich ein sehr gutes Verhältnis hatte, starb mit nur 55 Jahren an Krebs. Diese Erlebnisse und weitere dieser Art haben mich dazu gebracht, jeden Tag im Leben zu genießen und Dinge, die mir wichtig sind, nicht aufzuschieben, sondern sie einfach zu machen, Carpe diem. Genieße den Tag. Wer weiß, wann du abtreten musst?

Ruhiger, aber nicht ruhig

Unsere gemeinsamen Geburtstagsfeiern sind mit Corona eingeschlafen, zuletzt waren wir hin und wieder zum Geburtstag einfach zusammen essen gegangen. Und so wurde mir heute beim Aufräumen des Schrankes klar, dass ich meine Hausbar nicht mehr benötige. Zu Hause trinke ich keinen Alkohol, wenn überhaupt, im Sportheim 1 – 2 Bier. Times they’re a-changing….

Ich habe also meinen letzten klitzekleinen Rest Tullamore Dew in das Jim Beam Glas aus dem Set gegossen, dass mir vor Jahrzehnten meine Schwägerin Renate geschenkt hat. Habe wie immer die doppelte Menge Wasser hinzugefügt und den letzten Whisky aus meiner Hausbar getrunken. Skol! Das Kapitel ist erledigt.

Und jetzt hänge ich den Gedanken an alte Zeiten nach, wie wir als junge Menschen aufmüpfig waren, die Welt auf den Kopf stellen wollten und nichts akzeptierten, was „alte Leute“ uns weismachen wollten. Trau keinem über dreißig. Die Welt ist nur von Rebellen verändert worden. Das waren unsere Maximen.

Mit der Zeit bin ich ruhiger geworden und akzeptiere die Welt wie sie ist. Obwohl es immer noch kribbelt und ich manche Dinge einfach nicht ertragen kann und dann auch nach wie vor den Mund aufmache und versuche, sie zu ändern. Und ich freue mich über jeden jungen Menschen, der sich heute ebenso für sein Leben, sein Hobby und seine Umwelt engagiert und es genießt, wie wir es damals getan haben.

Tja, Gedanken zum und nach meinem letzten Whisky.

Den letzten? Wer weiß. Wie wie immer gilt bei mir: Never say never.

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