Dieses Buch braucht kein Mensch

Rezension: Mario Trauth – Die Kunst der Kinderzauberei

111 Seiten

ISBN-13: 978-1983497872

Kindle version 4,49 € (ab 09-2020 soll eine weitere Buch – Auflage für 19,80 € erscheinen)

Respekt für jemanden, der die Geschichte der Magie und die Pädagogik der Kinderzauberei auf 111 kleinen  Seiten zu Papier bringen kann, noch dazu in ziemlich großen Buchstaben. Das konnte ich mir nicht vorstellen und kaufte das Buch.

Und siehe da, es gelang tatsächlich nicht. Von den 111 Seiten sind die letzten 10 zudem leer, da steht nur drüber: „Platz für Ihre eigenen Notizen“. Da der Autor anfangs zunächst noch etwas über sich, das Buch und die 80er und 90er Jahre schreiben möchte, beginnt das inhaltliche Thema leider auch erst auf Seite 37: Die Geschichte der Magie.

Die wird dann auf den nächsten 18 kleinen Seiten abgefrühstückt, selbstverständlich ist da nicht Raum genug auch nur annähernd ins Detail zu gehen. Alles ist sehr, sehr oberflächlich beschrieben, und manche Aussagen haben mich dann doch inhaltlich überrascht. Davon hatte ich so noch nie gehört, obwohl ich mich schon länger mit der Materie befasse. Leider ist es schwer, die Richtigkeit der Aussagen zu überprüfen, denn Literaturangaben gibt es im Buch nicht. Bei wissenschaftlichen Themen wie Geschichte und Pädagogik wohl auch nicht nötig…

„Die Grundlagen der Täuschung“ kann Trauth auf nur 3 kleinen Seiten zusammenfassen, von denen ich hier Seite 59 und 60 zitieren möchte, um den leider fehlenden Tiefgang der Arbeit zu demonstrieren:

„… In der Regel steckt in jedem Zauberkunststück ein  gehöriger Anteil Psychologie, Täuschung und  Ablenkung. Oftmals denken die Zuschauer zu  kompliziert und erraten durch die geniale  Einfachheit des Tricks nicht, wie er tatsächlich  funktioniert.  Sie wissen auch nicht genau, wann der Zauberer  den wichtigen Handgriff für das kleine Wunder  ausübt. Würden die Zuschauer dies nämlich  erahnen und sich auf den Moment konzentrieren  „wann es passiert“, wäre das Ergründen auf alle  Fälle etwas einfacher.  Die Täuschung kommt also zustande indem der  Zauberer etwas ausführt, wovon der Zuschauer in  diesem Moment keine Ahnung hat und daher auch  keinerlei Verdacht schöpft.  Der Magier nutzt zunächst einmal die von Natur  aus gegebene Möglichkeit der Sinnestäuschung.  Wahrnehmung und Empfindung stimmen oft nicht  mit der Wirklichkeit überein.  Dabei werden häufig zur Fingerfertigkeit auch noch  optische und akustische Täuschungen eingesetzt.

Und diese zwei weiteren Gruppen der Täuschung  werden (a) durch die Form und (b) durch die Farbe  bewerkstelligt. Ein kleines Beispiel ist die berühmte  weiße Taube auf weißem Grund. Sie wird  unsichtbar.  So ähnlich wie die Taube verschwindet, werden  zum Beispiel auch die Puppenspieler durch ihre  schwarze Kleidung beim Schwarzlicht-Theater vor  dem Hintergrund unsichtbar und können so  ungesehen die selbstleuchtenden Puppen magisch  zum Leben erwecken.  Die Akustik setzt man ebenfalls bei gewissen  Anforderungen ein. Zum Beispiel wenn der Antrieb  einer mechanisch angetriebenen Luke im Boden,  oder ein sonstiges Geräusch übertönt werden  muss, das durch eine Apparatur entsteht, die zur  Zauberei benötigt wird.  Ein ebenfalls häufiges und bis heute eingesetztes  Hilfsmittel ist der Spiegel. Mit seiner Hilfe lassen  sich Dinge verbergen und optische Illusionen der  unterschiedlichsten Art bewerkstelligen. Vorstellen  können Sie sich so etwas zum Beispiel, wenn Sie  vielleicht schon einmal ein Spiegelkabinett auf dem  Jahrmarkt besucht haben. Sie haben dabei sicher  bemerkt, wie leicht man sich darin täuschen und  die Sinne verwirren lassen kann.“ Tja, tiefgreifender wird es leider nicht…

Eine Originalseite um die Größe einschätzen zu können

Auf Seite 61 beginnt doch noch der praktischere Teil „Zaubern für Kinder“. Leider bleibt auch dieser sehr vage, diffus und inhaltlich fragwürdig, z.B. wenn er behauptet: „Gerade die Aufmachung und der Anfang der Show,  samt der Verkleidung mit Zaubermantel, Hexenhut  und glitzerndem Zauberstab, sind wichtig und im Zeitalter von Harry Potter unabdingbar.“

Im Eilschritt berührt der Autor dann die Themen allesamt sehr kurz und ohne irgendetwas näher zu beschreiben. So ist ein Fachbuch zur Pädagogik für Kinder in meinen Augen absolut unbrauchbar. Konkret wickelt er mal schnell folgende Themen ab:

  • Welche Erwartungen haben Kinder  an eine Zaubershow?  Seite 61 
  • Überlegung zur Vorführung bei verschiedenen  Altersstufen des Kinderpublikums  Seite 63 
  • Clown oder Zauberer  Eine Befragung von Kindern Seite 66   
  • Gedanken und Infos zur Vorführung Seite 72 
  • Spielen Sie den Assistenten  Die Kinder richtig mit einbeziehen Seite 80

(Bitte immer daran denken: Wir reden über Seiten, die – auf normale Schriftgröße gebracht – die Größe einer Postkarte hätten!)

Auf Seite 83 beginnen dann eine Checkliste und Ratschläge, wie man zu einem guten Zauberkünstler werden kann, wobei eigentlich nie ganz klar wird, ob es darum geht für Kinder eine Zaubershow zu gestalten oder mit Kindern zusammen einen Auftritt einzustudieren. Beide Gesichtspunkte vermischen sich kräftig miteinander.

Fazit: In dem Buch steht nichts, was überhaupt nicht stimmt oder geht. Man merkt schon, dass Marco J. Trauth sich mit der Zauberkunst, auch für Kinder, beschäftigt hat. Aber alles, was er schreibt, bleibt auf der Ebene von Schlagworten und wird nicht konkret oder fundiert inhaltlich begründet. Echte Praxistipps sind Fehlanzeige und die wichtigen Themen Psychologie und Pädagogik benennt er zwar als wichtig,  greift sie aber lieber gar nicht inhaltlich auf.

So ist ein Buch entstanden, das den Eindruck macht, hier möchte sich jemand mit einem ungesunden Halbwissen wichtig machen. Darauf kann ich verzichten, es ist weder für die Theorie tauglich noch für die Praxis.

Wertung: 0 von 5 Zauberzwergen („Gewertete“ Zauberzwerge sind bunt ausgemalt)

One thought on “Dieses Buch braucht kein Mensch

  1. Hmm, das war dann wohl besser gedacht als gemacht… Schade drum!

    Amazon hatte mir das Buch kürzlich auch „empfohlen“. Insofern danke für deine ehrliche Rezension, Volkmar!

    Wobei meine Kindershow ohne die weiße Taube auf weißem Grund und die laute Musik zum Übertönen der mechanischen Luke sicher nicht dieselbe wäre… 😉

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