Ernst gemeint? Oder Fake? Oder wie? Oder was?

Vor ein paar Tagen erreichte mich eine Mail, von der ich bis heute nicht weiß, ob sie ernst gemeint war oder nicht. Oder ob mich vielleicht mal jemand testen wollte, wie ich darauf reagiere? Im ersten Moment habe ich darüber gelacht, fand das Ansinnen makaber witzig. Im zweiten Moment schien aber tatsächlich der Schreiber zu denken, so ein bisschen zaubern könnte man mal eben schnell lernen und dann auftreten…

Hier die wichtigsten Sätze der Mail:

„Hallo, lieber Herr Karsten,
mein Sohn geht in die erste Klasse, und ich bin als Vater eingeladen vor seiner Klasse ein paar Zauberkunststücke aufzuführen, um die Kinder in dieser Corona Zeit etwas zu ermutigen.

Würde es Sinn machen, von Ihnen ein Buch zu kaufen, das mir ein paar Zaubertricks dafür zeigen könnte, die ich gemeinsam mit Erstklässler machen könnte?“

Insbesondere der zweite Abschnitt löste bei mir den Gedanken aus, der Schreiber war tatsächlich der Meinung, man können mal schnell ein paar Zaubertricks lernen und dann vor einer Klasse auftreten.

Nun frage ich mich, ob mein Anspruch zu hoch ist. Ich denke zwar, dass man tatsächlich in zwei Tage die einfachen Tricks aus meinem Buch „Einfach zaubern lernen“ technisch lernen kann. Es sind ja schließlich die einfachen gängigen Anfängertricks. Aber selbstverständlich kann man damit dann nicht wirklich auftreten.

Dazu braucht es zumindest Grundkenntnisse im Umgang mit Kindern, in Misdirection, Bühnenverhalten, Zusammenstellung eines Programms und einiges mehr. Das kann man sicher alles lernen und es ist auch kein geheimes Hexenwerk – aber es braucht eben Zeit für Übung und Erfahrung. Und die Bereitschaft dazu konnte ich in der Mail eher nicht herauslesen…

Meine Reaktion

Ich habe mich nach zwei Tagen Überlegung entschlossen, die Mail als ernst gemeinte Anfrage zu verstehen und Folgendes geantwortet:

„Hallo, Herr …,

Fein, dass die Klasse Ihres Sohnes Sie zum Zaubern eingeladen hat. Wenn die das getan hat, sind Sie wahrscheinlich schon als Zauberkünstler „aufgefallen“ – denn ansonsten wäre die Einladung ja völlig unsinnig. Ich würde Ihnen daher empfehlen, das vorzuführen, was Sie ansonsten auch vorführen.

Warum wollen Sie Ihr Programm umändern, wenn es sich bisher bewährt hat?

Sollten Sie bisher nicht als Zauberer aufgetreten sein, rate ich Ihnen, die Einladung abzusagen oder etwas anderes anzubieten (Vorlesen, Gesang,…), was den Kindern Spaß macht.

Wenn Sie indessen neue, weitere Kunststücke einüben wollen oder sich als Zauberkünstler für Kinder weiterbilden möchten, empfehle ich Ihnen mein Buch „Zauber?Kinder!“. Darin sind wichtige Hinweise und Grundlagen für die Zauberkunst mit Kindern dargestellt und ich stelle mein Programm mit dem gleichen Namen ausführlich vor. „Zauber?KInder!“ kostet 25 €.

Wenn Sie kleine, einfache Tricks suchen, mit denen Sie für Kinder einen Zauberkurs durchführen möchten, empfehle ich mein Buch „Einfach zaubern lernen“. Darin sind 11 einfache Tricks erklärt, die für Anfängerkurse geeignet sind. Das Buch ist in Einfacher Sprache geschrieben und die Tricks dürfen für Kurse kopiert werden. Da die Kinder einer 1. Klasse allerdings noch nicht sicher lesen können, ist der Einsatz dort nicht wirklich möglich. Ich mache Kurse daher nur für Kinder ab 9  Jahren. „Einfach zaubern lernen“ kostet 15 €.

Wenn Sie eines der Bücher kaufen möchten, überweisen Sie mir bitte den entsprechenden Betrag per Paypal an volkmar.karsten@t-online.de und schreiben mir Ihre Anschrift. Ich sende es dann umgehend ab.

Viel Erfolg in der Klasse Ihres Sohnes und zauberhafte Grüße

Volkmar Karsten“

Wie hättest du reagiert?

Auf meine Mail habe ich keine weitere Antwort bekommen.

2 thoughts on “Ernst gemeint? Oder Fake? Oder wie? Oder was?

  1. Ich finde die Antwort angemessen und inhaltlich vollkommen zutreffend.

    Allerdings muss ich zur „Verteidigung“ des Briefschreibers sagen: Wir Zauberer sind es ja selber schuld, wenn Zuschauer*innen der Meinung sind, dass man ganz schnell eine tolle Show einstudieren könne.
    Wenn ich mich recht entsinne, dann konnte man früher bei den Ehrlich Brothers für die Shows besonders teure Ticktes kaufen, die einige Extras zusätzlich beinhalteten. Neben einem Meet and Greet auch eine Box mit Getränk, Programmheft, Trickrequisiten, auch einen 30-minütigen Zauberkurs, in dem man einen Trick beigebracht bekommt. Die Botschaft ist doch ganz offensichtlich: Zaubern ist so einfach, dass man in 30 Minuten einen Trick lernen kann! Also es ist so simpel, so einfach…..
    Wenn ich ehrlich bin: Trotz meiner bescheidenen Erfahrung fällt mir kein einziger Trick ein, den man in 30 Minuten zur Bühnenreife bringen kann, selbst die sogenannten „Selbstgänger“ nicht! Übrigens: Heute enthält das VIP-Paket bei den Brothers nicht mehr den Kurs, die Begegnung – zu mindestens bei den Shows, bei denen ich es kontrolliert habe. Und die Zauberkästen werben auf die gleiche Weise: Hiermit können sie sofort und ohne Mühe zaubern. Und manches Kunststück im Fachhandel wird ausdrücklich damit beworben: auspacken, lesen, vorführen!
    Kurz: In all diesen Fällen wird die Zauberkunst (um Geld zu verdienen) als leicht und simpel verkauft, aber damit halt auch unter ihrem eigentlich Wert.
    Kann man es da sogenannten „Laien“ übel nehmen, wenn sie solche Anfragen stellen? Ich glaube: Nein!

  2. Ich finde Deine Antwort sehr kompetent.

    Zum Thema:
    Kids Hoch 5,
    „Manipulation im Kinderprogramm – Eine Aufforderung in drei Kapiteln“

    Hier wird u. a. analysiert, warum Erwachsene Zauberkunst für Kinder oftmals nur als „Kinderkram“ ansehen.

    Die wahre Kunst bei der Kinderzauberei ist übrigens der richtige Umgang mit den Kindern. Und dazu benötigt man einiges an Erfahrung.

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