Von Ulrich Rausch
Früher gab es Zauberkästen, die damit geworben haben, dass die Kunststücke auch gelingen. Eine Geling-Garantie wird werbewirksam versprochen. Abgesehen davon, dass ich das merkwürdig finde, denn eigentlich sollte jedes Kunststück in einem Zauberkasten garantiert gelingen können, will ich mal der Frage nachgehen, wie und wann es eine Geling-Garantie geben kann.
Zauberkästen
Was verspricht eine Geling-Garantie, wenn sie auf einem Zauberkasten prangt? Erst einmal eine scheinbare Selbstverständlichkeit: dass die Tricks, die beschrieben werden und für die Requisiten beiliegen, auch wirklich funktionieren und man sie vorführen kann. Ich schreibe ganz bewusst „scheinbare Selbstverständlichkeit“, denn ich kenne ungezählte Zauberkästen, in denen Requisiten sind, die fehlerhaft sind und nicht funktionieren können. Auch bei einem Profi!
Nur ein Beispiel dazu: Jeder kennt den Effekt, bei dem ein weißer Würfel in ein 8 eckiges Gefäß mit schwarzem Deckel gelegt wird. Auf einmal zerfällt der Würfel in 4 kleine farbige Würfel oder er ändert seien Farbe. Ohne zu viel zu verraten: Der Würfel ist ein Kasche, das beliebig gefüllt werden kann und im Deckel ist eine Magnetfolie, an der das Kasche hängen bleibt, wenn man den Behälter schüttelt.
Es gibt Zauberkästen, die – vermutlich als Kopien – diesen Effektes verbreiten. Ich kenne Zauberkästen-Versionen, da hat man anders als beim Vorbild nicht die komplette Deckel-Innenseite mit Magnetfolie ausgekleidet, sondern in der Mitte nur eine kleines Stück von der Größe der Seitenfläche des Würfels. Vermutlich hat der Produktdesigner sich gedacht, dass man erhebliche Kosten sparen kann, wenn man nur 1/5 der ursprünglichen Folie verwendet. Und tatsächlich braucht der Würfel auch nur eine so kleine Fläche.
Und trotzdem funktionieren diese Versionen nicht. Ich habe bei ca. 50 Versuchen es kein einziges Mal geschafft, dass der Effekt so aussieht wie wer aussehen soll. Der Grund? Ganz einfach: Der Würfel müsste 100% exakt die Folie treffen, damit er kleben bleibt. Nur eine Verschiebung um einige Millimeter hat zur Folge, dass die Anziehungskraft nicht mehr ausreicht um das Kaschee zu halten. Und es ist einfach unmöglich den Würfel so nach oben zu schleudern, dass er kleben bleibt. Er liegt nicht genau unter dem Magneten, er dreht sich in der Luft ein bisschen zur Seite usw. Bei der Originalversion ist das kein Problem, denn wo immer der Würfel die Deckel Innenseite berührt, ist ausreichend Magnetfläche da, um ihn festzuhalten. Deshalb ist der komplette Deckel magnetisiert.
Wie der Trick gelehrt wird
Neben funktionsfähigen Requisiten, die manchmal aber gar nicht oder nur eigeschränkt oder nur mit viel Fachwissen funktionieren, ist der zweite mindestens genauso wichtige Aspekt die Art und Weise, wie der Trick gelehrt wird. Denn man muss verstehen, was zu tun ist, um dieses einzuüben um es perfekt vorführen zu können. Ich hatte ja schon an anderer Stelle ein Beispiel für eine schlechte Anleitung gegeben. https://www.derzauberzwerg.de/ehrlich-nicht-zu-empfehlen/ Im Almanach 2021 für Kinderzauberer, der Anfang des neuen Jahres erscheinen wird, werde ich noch einmal ausführlicher Anleitungen aus Zauberkästen analysieren.
Ist das Kind geeignet zum Zaubern lernen?
Und selbst wenn diese beiden Elemente perfekt sind, scheint es mir verwegen zu sein, eine Geling-Garantie zu geben. Denn das dritte Element, das genau so wichtig ist, ist die Person, die Zaubern lernen will. Welche Vorerfahrungen hat sie? Welche geistigen Fähigkeiten bringt sie mit? Wie sieht es mit der Motorik aus? Wie kann sie schriftliche Gebrauchsanleitungen umsetzte? usw. Dies muss man bei Zauberkursen wie auch bei persönlichen Unterrichtsstunden immer wieder berücksichtigen, damit das Lernen gelingen kann. Was nützt das weltbeste Kartenspiel, die präziseste Anleitung aller Zeiten, wenn der Zauberschüler gar keine Spielkarten kennt?
Um mal nur ein Beispiel zu nennen. Der Zauberkasten kennt gar nicht die Zauberlehrlinge, die den Kasten jetzt vor sich stehen haben, sondern sie können höchstens ein durchschnittliches Bild des Kunden angepeilt habe, an den man sich bei der Zusammenstellung orientiert. Und selbst daran hab ich bergründete Zweifel, wenn ich mir die Altersangaben ansehen. Sie sind entweder viel zu niedrig, d.h. sie setzten Können voraus, das bei dem Einstiegsalter noch nicht vorhanden ist, oder sie sind bei der „von – bis“-Angabe viel zu weit gefasst, die Personengruppe ist entwicklungsmäßig so unterschiedlich, dass es schwer ist, allen gerecht zu werden.
Fazit: Augenwischerei
In meinen Augen ist, wie sicher deutlich geworden ist, eine solche Garantie vollkommen sinnlos. Man kann sie nicht einlösen, man hat als Kunde keinen Anspruch darauf dass sie wirklich erfüllt wird. Somit ist sie ein reines Marketing-Tool, oder man könnte auch sagen: Augenwischerei!
Die mir bekannten Kinder, die Zauberkästen geschenkt bekamen, wurden mit ihnen „allein gelassen“. Autodidaktisch nicht geübte Kinder sind häufig von den schriftsprachlichen Formulierungen im Beiheft überfordert, auch weil sie wiederholt viel zu klein geschrieben sind. Ein geschenkter Zauberkasten macht deutlich mehr Spaß, wenn es zusammen mit einem (Groß)Elternteil erforscht wird. Deshalb: Konzipiert Familienzauberkästen!
Ich werde im nächsten Zauber-Almanach 2021 mich ausführlich mit dem Thema beschäftigen und anhand von zwei Beispielen, einem ‚älteren‘ der das Siegel eines Clubs trug, und einem ganz neuen, zeigen, wo die Tücken sind.