Die Familien-Zaubershow (2)

Ein „Familienprogramm“ muss anders konzipiert sein als ein „Kinderprogramm“ oder ein „Erwachsenenprogramm“. Fragt sich nur: Wie? Dazu sollen heute ein paar Gedanken beschrieben werden.

Zunächst eine kleine Übersicht, zu welchen Anlässen wir vor Kindern zaubern und welches Programm dann angebracht ist. Angegeben ist der Anlass, wie viel % der Zuschauer Kinder sind, und welches Programm angemessen ist.

Kita vormittags: 90% Kinder, Kinderprogramm
Schule vormittags: 90% Kinder, Kinderprogramm
Kindergeburtstag: 75% Kinder, Kinderprogramm
Fest in Schule, Kita, Verein o.ä. mit Eltern: 50% Kinder, Familienprogramm
Zaubertheater: 50% Kinder, Familienprogramm
Straßenfest, öffentlich: 30-50 % Kinder, Familienprogramm
Familienfeier: 30 % Kinder, Familienprogramm
Abendgala: 10 % Kinder, Erwachsenenprogramm

Ein Familienprogramm ist, wie aus der Tabelle ersichtlich ist, also immer angebracht, wenn der Anteil der erwachsenen Teilnehmer*innen bei 50 Prozent oder höher liegt. Sind deutlich weniger Erwachsene anwesend, wird ein Kinderprogramm gespielt. In welchen Bereichen aber unterscheiden sich denn überhaupt diese Vorstellungen?

Wie unterscheiden sich Kinder- und Familienprogramm?

Das Familienprogramm unterscheidet sich von einem reinen Kinderprogramm im wesentlichen dadurch, dass die spezifischen Kinderanteile wie clowneske Aktionen, laute oder sehr bewegte Beteiligung der Kinder und die speziellen Kindertricks (z.B. das Malbuch) deutlich reduziert oder komplett weggelassen werden.

Andererseits grenzt es sich gegen ein Erwachsenenprogramm dadurch ab, das z.B. humorvolle Ironie im Vortrag, komplexe Trickabläufe oder philosophische Vorträge nicht enthalten sind.

Das Familienprogramm trifft sich in der Mitte der beiden Programm-Stile. Das ist zwar leicht gesagt, aber in der Praxis nun wiederum nicht so leicht umzusetzen, denn je nach Publikum und Verhältnis der Altersklassen muss die Künstlerin mehr oder weniger variieren und flexibel bleiben.
Im Folgenden werden einige Thesen aufgestellt, wie das Familienprogramm inhaltlich gestaltet sein soll und welche Forderungen erfüllt werden müssen.

Auch die Kinder müssen alles verstehen

Wesentlich für eine Zaubervorstellung mit Kindern ist, dass diese dem Programm folgen und die Trickabläufe verstehen können. Kinder, die der Vorstellung nicht mehr folgen können, schalten ab. Im Gegensatz zu Erwachsenen verhalten sie sich dann aber nicht ruhig und warten auf das Ende oder die Pause, sondern sie werden unzufrieden und laut, was sich in quengeligen Wortbeiträgen oder Bewegung bemerkbar macht. Kurzum: Sie stören die Vorstellung.

In einem reinen Kinderprogramm wird dies dadurch verhindert, dass die Vorträge zu den Kunststücken so einfach formuliert werden, dass die Kinder sie verstehen, dass Beteiligungs- und Bewegungsangebote enthalten sind und einfache Trickabläufe eingesetzt werden.

Im Familienprogramm muss all das ebenfalls enthalten sein, und zwar um so mehr, je höher der Anteil der Kinder ist. In einem 50:50 Verhältnis, bei dem die Kinder neben ihren Eltern sitzen, halten Kinder es länger aus, still zu sitzen, auch wenn sie einmal den inhaltlichen Anschluss verlieren. Die Eltern beruhigen sie dann einfach. Das funktioniert aber nicht mehr, wenn das ganze Programm „über den Köpfen der Kinder hinweg“ verläuft.

Im Familienprogramm müssen daher alle Kunststücke kindgerecht präsentiert werden, insbesondere müssen die Erwachsenentricks sauber umgearbeitet werden.

Auch die Großen angemessen unterhalten

Ebenso wie die Kinder müssen allerdings auch die Erwachsenen ihrem Alter angemessen verzaubert werden. Das „Familienprogramm“ richtet sich ja ausdrücklich an die gesamte Familie, sprich: an alle Altersklassen, auch im Erwachsenenbereich. Das ist bei der Trickauswahl und Programmgestaltung zu berücksichtigen.

Kann man Kinder mit der Hasenwanderung (bitte die mit einem Ende, bei dem die Kinder nicht die „Gelackmeierten“ sind!) lange begeistern, nutzt dieser Gag bei Erwachsen nach dem ersten Farbwechsel deutlich ab und sie fühlen sich unterfordert, wenn nicht gar kindisch behandelt. Diese Art von Tricks ist also im Familienprogramm nicht wirklich sinnvoll.

Erwachsene mögen durchaus eine humorvolle Präsentation, aber viele mögen die clownesk-albernen Szenen nicht, die Kinder gerne in vielen Wiederholungen genießen. Darauf muss im Familienprogramm Rücksicht genommen werden, indem diese Gags moderat präsentiert werden.

Bei der Trickauswahl ist darauf zu achten, dass die Trickabläufe nicht zu einfach zu durchschauen sind. Für Erwachsene ist schnell klar, dass im Malbuch irgendein technisches Geheimnis steckt, auch wenn sie es nicht im Detail kennen. Der magische Gehalt ist daher für sie nur begrenzt vorhanden. Gleiches gilt für den Changierbeutel, den sie schnell entschlüsseln können, insbesondere, wenn er mehrfach oder zu lange eingesetzt wird.

Insofern ist es wichtig, für das Familienprogramm Kunststücke auszuwählen, deren Tricktechnik auch von den Erwachsenen nicht durchschaut werden kann.

Erfreulicher Weise gibt es im gutsortierten Fachhandel genügend Tricks zu erwerben, die sowohl im Kinderprogramm, im Erwachsenenprogramm als auch im Familienprogramm gespielt werden können. Technisch immer gleich, von der Präsentation her eben etwas verschieden.

Konkret werde ich das im nächsten Teil am „Schwiegermutter-Trick“ von Alfred Kellerhof darstellen.

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