Wie viel Programme brauche ich?

„That depends!“ – würde der Engländer vielleicht sagen. „Das kommt darauf an, …“

Und zwar zum Beispiel, wie oft ich auftrete und wo. Als Hobbyzauberer mit zwei Auftritten im Monat reicht vielleicht eins. In meinem Theater (das ich inzwischen geschlossen habe) hatte ich Stammkunden, also musste ich öfter mal etwas Neues spielen. Da hatte 4 verschiedene, die ich abwechselnd gespielt habe.

Als ich noch aktiv geworben und sehr gut im Geschäft auch für Kindergeburtstage war, hatte ich ein Hauptprogramm. „Zauber?KInder!“, das ich ja auch ausführlich in meinem gleichnamigen Buch beschrieben habe. Das war und ist mein „Brot und Butter“-Programm, das ich immer spiele, wenn ich irgendwo gebucht bin. Es ist rund gespielt, ich kann es im Schlaf und mich jedes Mal komplett auf die Kinder einstellen.

Problem war: Heute bin ich damit auf einem Kindergeburtstag, zwei Wochen später engagiert mich ein Kind, das dort gewesen ist und es toll fand, zu seinem Geburtstag. Und die Hälfte der Kinder sind die gleichen… Was also tun? In solchen Fällen habe ich auch „Zauber?Kinder!“ gespielt, aber den einen oder anderen Trick ausgetauscht. Den Kindern hat es in der Regel wieder Spaß gemacht und ich habe auch festgestellt, dass sie manche Tricks scheinbar nicht wiedererkannt haben. Bei anderen, der Schirmillision, wurde manchmal der Clou im Vorfeld verraten.

Im Theater

In meinem Zaubertheater hatte ich mehrere Programme:

  • Zauber?Kinder!
  • Tierischer Zauber (alle Tricks rings um Tiere)
  • Kinder, Kinder (eine bunte Mischung aus Tricks, die mir gefallen
  • Verkehrs-Zauber (wie der Name schon andeutet: ein Verkehrsprogramm)
  • Advents-Zauber

Damit bin ich immer gut durch das Jahr gekommen. Und in den Theater-Programmen konnte ich auch immer gut Kunststücke einsetzen, für die etwas größere Requisiten benutzt werden. Die schleppe ich sonst nicht mit zu Auftritten, wenn ich irgendwo engagiert bin. Zum Beispiel die „Zauberstab-Maschine“.

Warum ein oder mehr Programme?

Im Paul-Potassy-Buch des sic-Verlags hatte ich damals gelesen, dass Profis meistens nur ein Programm haben, mit dem sie auftreten. Sie werden in unterschiedlichen Varietés gebucht oder zu verschiedenen Galas und unterschiedlichen Orten. Also haben sie so gut wie immer ein anderes Publikum, das die Nummer in der Regel noch nicht gesehen hat. Schön für die Profis.

Im Kinderprogramm ist das aber erfreulicher Weise ähnlich. Viele Kinder-Zauberer treten häufig in Kitas oder Schulen auf. Das kann man regelmäßig machen, denn nach 3 – 4 Jahren hat sich das Publikum komplett erneuert. Da kann also das Programm das gleiche bleiben, denn es sind schlicht neue Kinder da. Die das Programm natürlich in der Schule noch nicht gesehen haben. Und selbst ein Kind, dass in Klasse 2 das Programm schon kiterlebt hat, weiß garantiert nicht mehr viel davon, wenn es das Gleiche in Klasse 4 erneut sieht.

Selbstverständlich muss ein Programm aber immer kritisch überprüft werden, ob es noch zeitgemäß ist oder ob man Requisiten und Vortrag vielleicht einmal aktualisieren muss. Ich hab leider am Hölzernen See des Öfteren ältere Kolleg*innen gesehen, die stumpf seit gefühlt 30 Jahren das Gleiche spielten. Inklusive „Pittiplatsch“, dem Kinderstar des DDR-Fernsehens. Oder der Schallplattenfärbung, obwohl kein Kind mehr wusste, was überhaupt eine Schallplatte ist. 🙂

Für mich war auch immer ein Ersatzprogramm oder zumindest neue Tricks notwendig, damit ich mich nicht selbst auf der Bühne langweile. Immer das Gleiche spielen kann dazu führen, unkonzentriert oder lustlos zu spielen. Bei mir jedenfalls.

Fazit

Meiner Meinung nach reicht ein Programm, wenn man häufig vor einem anderen Publikum spielt. Zwei sind besser und Spezialprogramme wie zu Weihnachten oder als Verkehrsprogramm halte ich auch für sinnvoll.

Auf alle Fälle sollte man aber alle Programme oft genug spielen, damit sie eingespielt sind.

3 thoughts on “Wie viel Programme brauche ich?

  1. Hallo zusammen,

    ein Programm ist einerseits eine feine Sache.

    Wie Volkmar schreibt, gibt es in erster Linie dem Künstler Sicherheit. Alles hat eine Struktur und Ordnung.
    Allerdings kennt nur der Künstler diese Struktur und Ordnung, dh, es ist noch keine Garantie, dass die Gäste wie gewünscht reagieren und folgen oder der Spannungsbogen tatsächlich über 30/40 Minuten gehalten wird.

    Mit zunehmender Auftrittserfahrung wird einem schnell klar: ein Programm entsteht nicht alleine durch Aneinanderreihung von Händlerkunststücken.

    Ein Programm aufbauen bedeutet Arbeit, Arbeit, Arbeit, in unserem Fall Auftritte, Auftritte, Auftritte. Diese ersten Schritte hin zu bezahlten Auftritten sind die größte Hürde. Ich habe damals sehr viel auf der Straße gelernt, in Kurzurlauben war ich sehr häufig in Paris, dort gibt es eine Menge Auftrittsmöglichkeiten, sehr beliebt der Platz vor dem centre pompidou, hier erleben die Touristen Pantomime, Jongleure, Musiker – auch Zauberer.
    In Deutschland ist es leider meine Erfahrung, das Straßenkünstler kein Ansehen besitzen, immer ein bisschen ‚gedenket dem Elend‘, in anderen Ländern ist das tatsächlich anders. Wenn sich bei Großveranstaltungen oder Straßenfesten die Gelegenheit bietet, würde ich das auf alle Fälle jedem empfehlen, sucht euch eine Ecke und fangt an zu zaubern. Muss noch kein Programm sein, fangt langsam an, zeigt euren Liebling, ihr werdet mutiger und werdet wachsen.

    Wenn man durch tryanderror dann ein Programm aufgebaut hat, ist man noch lange nicht save, denn es gibt sehr unterschiedliche Auftrittsbedingungen, kleine Wohnstuben, draußen Wind Wetter sengende Sonne, Turnhalle, Schulklasse . . .

    Und das kann andererseits der Nachteil von einem festen Programm sein, wenn plötzlich bestimmte Ablagen nicht vorhanden sind, wenn’s windig wird und Tücher und Karten von alleine schweben, wenn sich spontan Auftrittszeiten verändern oder wenn ihr bemerkt, dass die meisten Programmkunststücke bekannt sind.

    Deshalb denke ich nicht in Programmen, sondern habe ein Grundprogramm von 4 Kunststücken (Zauberstabintro, Tuchverkleinern, schlafende Seil, Malbuch) und ansonsten ein Repertoire von vielen Stunden, ich habe das nie ausgerechnet, aber ich glaube, ich könnte nonstop 8 Stunden zaubern.
    Ein erprobtes Repertoire schenkt einem Flexibilität, ich kann je nach Anlaß, Größe, gewünschter Dauer etc variieren und nach Belieben Plots einbauen, meine Version vom comedyeggcan, Kasserole, Quietschente Gina etc.

    Empfehlen kann ich neben variabel einsetzbaren Kunststücken auch das Erlernen von Mitmacheffekten, 1Arm-Drehen, 2Arm-Drehen, Kunststücke ausschließlich mit Fingern und Händen. Diese Mitmachsequenzen sind sehr gut für die Stimmung und schaffen gute Übergänge zwischen verschiedenartigen Kunststücken. Es ist gut, wenn man da etwas drauf hat und situativ einsetzen kann.

    Mit Zutaten aus einem beherrschten Repertoire lassen sich auch leicht und schnell Themen integrieren, zB eine Geschichte mit Wasser oder Seilen, wenn man in der Nähe vom Wasser spielt oder Kunststücke mit Tieren, wenn man im WaldKiGa auftritt oderoderoder. Es ist schon bedeutend schwieriger, wenn man meint, ein komplettes Programm erstellen zu müssen, nach meiner Erfahrung ist das nicht erforderlich, ich wundere mich manchmal, wieviele Programme von einem Kollegen angeboten werden: das Osterprogramm, das Weihnachtsprogramm, das Verkehrsprogramm, das Umweltprogramm, das Dschungelprogramm, das Piratenprogramm, das Märchenprogramm. Was für ein Stress, denke ich mir.
    Die Veranstalter/Gäste haben idR keine Ahnung, was im Detail auf sie zukommt, nach meiner Erfahrung reicht es völlig, wenn man ein oder 2 Kunststücke mit Themenbezug einbaut, falls einmal eine Veranstaltung unter einem Motto steht.
    Deshalb spreche ich in Auftrittsgesprächen auch nicht von Programm, sondern immer von einer Zaubershow.

    Die Umgebung und Umstände passen sich nicht dem Programm an – es ist umgekehrt !

    Baste Grüße und Gutzauber Carsten Hokus Hoffmann

    1. Hallo zusammen,
      generell möchte ich bestätigen, was Carsten als Tipps zur Programmgestaltung gibt.
      Es ist nie verkehrt, einen festen Stamm bewährter Zauberkunststücke zu haben, und darum herum je nach Anlass und Anforderungen, weitere Kunststücke aus dem Zauberkoffer zu holen.
      Besonders bei öffentlichen Veranstaltungen (wie Tag der offenen Tür, Stadtfest etc.) ist man dann flexibel und kann auf die Publikumszusammensetzung, aber auch Wind und Wetter reagieren. Hier würde ich mich auch nicht auf ein einziges festes Programm verlassen.

      Da ich zu den Kollegen gehöre, auf deren Webside die verschiedensten Programme beschrieben sind, was Carsten ein wenig in Zweifel zieht, hier meine Anmerkungen dazu.

      Zunächst muss es einem Spaß machen, im Bereich der geschichtenerzählenden Zauberkunst ein Programm zusammen zu stellen. Wichtig ist dabei auch, dass man innerhalb des Programms immer als Zauberer erkennbar bleibt. Also nicht als Pirat im Piratenzauber auftritt, sondern unter die Piraten geraten ist und nun z.B. den Käpitän ärgert, in dem man seine Kanonenkugel schweben lässt (eine wunderbare Motivation für die gute alte Zombikugel).

      Um ein Thema konsequent zu bespielen reicht es für mich nicht, ein bis zwei Kunststücke dazu zu zeigen. Aber natürlich nutze ich „Synergieeffekte“, beispielsweise kann der Eierbeutel klassisch mit Ei und Spiegelei im Einsatz sein, aber auch mit Minifussball und roter Karte für den Sportverein oder mir Schokonikolaus und Strohstern im Weihnachtszauber. Und wenn man sein Thema als Suchanfrage für Zauberkunststücke im Internet eingibt, ist man oft erstaunt, was da alles angeboten wird. Da lässt sich kreativ viel umsetzen.

      Für mich ist durch die Kreation verschiedenster Programme ein Alleinstellungsmerkmal entstanden. Ich kann dem Auftraggeber jenseits von allgemeinen Aussagen sehr viel besser beschreiben, was ihn erwartet.
      So werde ich u.a. von vielen Sommerferienveranstaltern jedes Jahr erneut gebucht, weil sie wissen, dass es jedes Mal was Neues zu bestaunen gibt. Natürlich setze ich beim selben Veranstalter die Programme nach etwa fünf bis sieben Jahren erneut ein.
      Auch bei Kindergeburtstagen, Schulen, Kindergärten kann ein passendes Programmangebot den Ausschlag für die Zusage geben.

      Viel Spaß beim Ausprobieren und Zaubern
      Zauberer Piccolo

  2. E r g ä n z u n g

    Programmvielfalt ist klasse !

    Wem die Entwicklung neuer Programme kreativ liegt und wer Spaß hat, neue Texte zu entwickeln, der hat (auch durch das Händlerangebot) unendliche Möglichkeiten.
    Und ist mit mehreren Programmen sicher auch bei der Vermarktung im Vorteil.

    Der Nachteil für mich persönlich ist der gewisse Aufwand. Man muss in verschiedene Kostüme/Accessoires und Requisiten investieren. Der entsprechende Platz für die Verwahrung dieses Material muss vorhanden sein. Man muss die Texte der Programme lernen/auffrischen. Ich wollte Programmvielfalt nicht in Zweifel ziehen – im Gegenteil, weil ich weiß, was das für Arbeit bedeutet, ziehe ich meinen Hut vor mehreren Programmen !

    Ich wollte eher Beginner motivieren; man muss nicht zwingend thematisch mehrere Programme haben, man kann als Profi auch bestehen, wenn man über ein abwechselungsreiches Repertoire verfügt.

    Wie so oft, es gibt verschiedene Wege. Ist es nicht wunderbar, wieviele Möglichkeiten das Zaubern bietet, die Ideen von Piccolo zum themenbezogenen Einsatz von Händlerkunststücken zeigen das – einfach klasse.

    Gruß aus Horneburg
    Carsten Hokus Hoffmann

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