Störende Erwachsene
Wesentlich schlimmer als störende Kinder finde ich persönlich störende Erwachsene, denn die sollten eigentlich wissen, was sie tun.
Erwachsene rufen zwar nicht unbedingt in die Vorstellung hinein (obwohl ich das auch schon in Kindervorstellungen erlebt habe), neigen aber zu anderen Störmanövern: Gerne mischen sie sich ein, wenn man die Kinder bewusst auf eine falsche Fährte locken und sie zu Protesten provozieren möchte. Ich mache das in meiner Begrüßung, wenn ich die Kinder u.a. als „Liebe Bewohner des Altenheimes Bremerhaven“ begrüße.
Während die Kinder kichern, irritiert sind und nicht genau wissen, was das soll, flüstern einige Eltern: „Altenheim? Seid ihr das?“ Vermutlich meinen Sie, ich könnte ihr Kind für entwicklungsverzögert halten und greifen schon mal vorsichtshalber ein. Ich akzeptiere das zunächst, wenn es sich wiederholt, bitte ich die Eltern aber schon direkt sich zurück zu halten.
Noch störender habe ich Eltern erlebt, die auf Kindergartenfesten oder Weihnachtsfeiern im Hintergrund des Saales ungeniert weiter geplaudert haben, während die Vorstellung lief, einmal sogar direkt an den Tischen vor der Bühne. Auch hier hilft meiner Meinung nach nur der Frontalangriff: Ich bitte in solchen Fällen die Erwachsenen freundlich, ihr Gespräch zu beenden oder den Raum zu verlassen, da sie die Vorstellung stören.
Übrigens habe ich auch in diesen seltenen Fällen noch nie erlebt, dass die betreffenden Personen beleidigt oder gar böse waren. Meistens haben sie die Bitte einfach befolgt und sich manchmal sogar für Ihre Gedankenlosigkeit entschuldigt.
Die Extremsituation dieses Themas bei großen Veranstaltungen wie Karneval, Hochzeiten usw. hat Markus Sperber in seinem Artikel „Störung durch Erwachsene“ bereits aufgegriffen.
Störende Rahmenbedingungen
Neben den Störungen durch Kinder oder Eltern – also nicht im Vorfeld zu steuernde Störungen- , gibt es auch solche, die wir selbst verschuldet haben. Dabei handelt es sich um zu sorglose Vorbereitung des Auftritts, deren Folgen wir dann in der Vorstellung schmerzlich kennenlernen. Auch über diese soll hier ein Wort verloren werden.
Kinder nehmen Informationen mit allen Sinnen auf: Auge, Ohr, Finger, Nase, Mund. Letztere zwei sind für eine Zaubervorstellung nicht übermäßig wichtig, auch wenn ich zu Beginn der Vorstellung immer Frage: „Könnt ihr mich sehen?“ – „Jaaaa!!“ – „Könnt ihr mich hören?“ – Jaaa!“ – „Könnt ihr mich riechen?“ – irritiertes Schweigen… 🙂
Wir sollten also dafür sorgen, dass wir möglichst viele Sinne unseres Publikums erreichen, ansonsten haben wir schnell eine Störung.
Gestörte Sicht
Wenn ein Kind nicht sehen kann, was auf der Bühne geschieht, verliert es sehr schnell das Interesse daran. Als Folge davon verhält es sich aber eher nicht passiv, sondern wendet sein Interesse anderen Dingen zu und wird unruhig. Die Störung ist da und selbstgemacht.
Es muss also bei jedem Auftritt sichergestellt sein, dass alle Zuschauer*innen freie Sicht auf die Bühne haben. Ideal ist eine erhöhte Bühne, die wir aber leider nur manchmal vorfinden. Bei den normalen Auftritten in Kitas, Schulen oder privat greife ich aktiv in die Sitzordnung ein: Die Kleinen nach vorne, die Großen nach hinten. In meinem Zaubertheater gibt es einen „Kinderblock“ in der Mitte des Zuschauerraumes: Auf 6 Stühlen in der Mitte jeder Reihe dürfen nur Kinder sitzen, die zugehörigen Eltern sitzen dann an den Außenrändern. So können auch Kinder in der 4. Reihe neben ihren Eltern sitzen, aber trotzdem gut sehen, weil vor ihnen nur Kinder sitzen. Die Akzeptanz dieser Maßnahme bei Eltern ist sehr hoch!
Auch bei prallem Sonnenlicht spiele ich in meinem Zaubertheater immer mit zugezogenen Vorhängen und schalte den Bühnenscheinwerfer ein. Das verhindert Ablenkungen der Kinder durch Dinge, die sich vor dem Fenster ereignen. Vorbeigehende Menschen, ein Tier, ein Flugzeug – alles kann plötzlich ein Kind mehr faszinieren als mein Changierbeutel – und dann ruft es das ungeniert durch den Raum. Durch zugezogene Vorhänge und Licht, das auf die Bühne fokussiert, kann ich diese Form der Störungen deutlich reduzieren.
Kleine Abschweifung: Die Krönung in diesem Bereich ist übrigens eine Wespe, Biene, Hummel, die durch ein offenes Fenster in einen Klassenraum geflogen ist. In der Grundschule wurden mit dieser Störung ganze Unterrichtsstunden geschmissen. Wir haben das Fenster trotzdem offen gelassen und uns über den Besuch gefreut. Mathe muss auch mal warten können. 🙂
Gestörter Ton
Zur Grundausrüstung eines Zauberkünstlers sollte eine Ton-Anlage gehören, denn jedes Kind muss genau hören können, was geredet wird. Wer Erklärungen nicht hört (oder versteht), verliert das Interesse und dann… siehe oben!
Ich benutze das Mikrofon in der Regel ab einer Zuschauerzahl von etwa 30 Personen. Die könnte ich zwar auch ohne beschallen, aber mit Verstärker strengt es weniger an und – viel wichtiger – ich kann dann mit meiner Stimme viel besser arbeiten: Geheimnisvoll flüstern, empört meinen Zauberstab zur Ordnung rufen, normal interessiert oder gelangweilt reden, neugierig fragen und sogar ironisch betonte Sätze sind dann begrenzt möglich.
Mit der Mischung von technischer Verstärkung und moduliertem Tonfall kann ich die Kinder auf die Zauberhandlung fokussieren und sie mit einbeziehen (siehe Beitrag Kinder am Programm beteiligen). Ohne Verstärkeranlage hätte ich diesen Spielraum nicht, weil ich schon generell mit lauter Stimme reden müsste.
Fenster und Türen sollten übrigens während der Vorstellung geschlossen sein, um ablenkende Geräusche von draußen, aus der Küche, oder, oder, oder auszuschließen.
Gestörtes Gefühl
Kinder sollten vernünftige Sitzmöglichkeiten haben, also Stühle mit Rückenlehnen. Auch wenn sie gerne auf dem Boden sitzen – für die Zaubershow ist es besser, wenn sie bequem sitzen. Meine Zaubershows dauern 45 – 60 (im Theater) Minuten, und Kinder bewegen sich gerne. Lange brav sitzen ist eine Qual für sie. In der Zaubershow versuche ich es deshalb mit dem goldenen Kompromiss: Viel Sitzen, das muss bequem sein (siehe oben), aber auch viel Bewegung: Von mir angeleitete Armbewegungen, aufstehen, hinsetzen, klatschen, tief einatmen, kräftig pusten, trampeln.
Wohlgemerkt: Alles passend zu meinen Kunststücken und immer wieder zwischendurch, wenn es gerade passt. Also quasi ein Ganzkörpertraining während der Show. Das mag sich chaotisch anhören, ist es aber nicht, da ich die Bewegungsphasen fordere und anleite – und die Kinder dann auch wieder zur Konzentration auffordere. In der Grundschule wird diese Mischung als „bewegte Pause“ während der Unterrichtsstunde bezeichnet – und leider von viel zu wenigen Lehrer*innen bewusst eingesetzt.
Das Thema „Gefühl – Lernen mit Händen“ wird übrigens auch befriedigt, indem ich Kindern so oft wie möglich Requisiten in die Hand gebe. Nicht zum „Untersuchen“ (denn die sind ja nicht krank 🙂 ), sondern zum Halten oder konkret etwas damit machen. Das ist für Kinder wichtig, sie fassen gerne Dinge an (in den Mund stecken kommt zum Glück eher nur bei Kleinkindern vor). Wenn das geschehen ist, sind sie zufrieden und gespannt, was jetzt damit geschieht. Damit erreiche ich zwar nur ein paar Kinder – aber das ist immer noch besser als gar keins.
Fazit dieser kleinen Serie „Störungen“
Störungen in Zaubervorstellungen kommen vor, dagegen können wir nichts machen. Wir können uns aber darauf vorbereiten und vor der Vorstellung alles tun, um sie zu minimieren.
Und wir können uns vorher überlegen, wie wir auf eine Störung reagieren: Keine Panik, ruhig bleiben, aber beherzt eingreifen und konsequent handeln.
Ich wünsche dir nur störungsfreie Vorstellungen und freue mich auf deine Erfahrungen, die du gerne im Kommentar beschreiben kannst.
Vielleicht sollte man noch den Fall der störenden Kollegen erwähnen, die im Publikum sind, und sich mehr oder weniger Laut über den Kollegen, seine Tricks und Fehler unterhalten.