Zauberstab benutzen??!!

Unter uns Zauber*innen kann ich es ja verraten: Alle Kunststücke, die wir vorführen, beruhen auf Tricktechniken, nicht auf wirklichem Zauber. Daher bräuchten wir eigentlich gar keinen Zauberstab zu benutzen um unser Kunststück vorzuführen. Dennoch gehört er – zumindest in einer Kindervorstellung – zur festen Ausrüstung jedes Zauberkünstlers. Warum eigentlich?

Zum einen erfüllen wir damit schlicht die Erwartung der Kinder. Fragt man zu Beginn der Vorstellung: „Was braucht man zum Zaubern?“, so kommen prompt die Antworten: „Zauberstab“, „Zauberhut“ und seltener „Zauberhase“. Da ich diese Frage nie Stelle, spiele ich oft Vorstellungen ganz ohne Zauberstab. Andererseits setze ich sie aber auch gerne ein, um im Programm einen kleinen „Zwischengag“ oder gar eine ganze Nummer einzubauen. Und dazu eignen sich manche Zauberstäbe ganz ausgezeichnet.

Zum anderen wird ein Zauberstab gerne zur Misdirection benutzt. Im Trickverlauf wird ein Zauberstab aufgenommen und zugleich ein in der Hand versteckter Ball abgelegt, dem erhobenen Zauberstab folgen die Augen der Kinder, was mir Gelegenheit gibt mit der anderen Hand etwas aufzunehmen, oder bei Manipulationsnummern wird ein versteckter Ball durch die natürliche Handhaltung am Zauberstab gedeckt.

In meiner kleinen Serie möchte ich in unregelmäßigen Abständnen zeigen, wie ich verschiedene Zauberstäbe in meinen Programmen benutze. Gerne darf diese Serie auch durch Leser*innen ergänzt werden.

Der zerbrechende Zauberstab

Jeder kennt ihn und viele benutzen ihn, den zerbrechenden Zauberstab. Ich auch, er ist fester Bestandteil meines Programms „Zauber?Kinder!“, dort kommt er bei dem Kunststück „Tücher verknoten“ zum Einsatz. In den anderen Programmen taucht er eher zufällig auf. Ich habe dann mehrere Zauberstäbe bereit liegen und benutze sie nach Gefühl, Lust und Laune. Manchmal spiele ich auch eine ganze Show ohne einen Zauberstab. Hier möchte ich meine Vorführung des zerbrechenden Zauberstabs vorstellen, die Tricktechnik setze ich als bekannt voraus.

Bei „Tücher verknoten“ soll ein Kind die Knoten aus den Tüchern zaubern (die Trickbeschreibung dafür stelle ich demnächst zur Verfügung).  Ich frage Tobias also, ob er einen Zauberstab dabei hat. Hat er meistens nicht. Also nehme ich den zerbrechenden Stab auf und reiche ihn zu dem Jungen hinüber. Er greift zu, der Stab zerbricht und alle lachen. Meistens auch Tobias.

Quelle: fabiolus-magic.de

Dennoch muss meiner Meinung nach sofort klar werden, dass Tobias mit dem Defekt nichts zu tun hat. Ich sehe mir also die „Bescherung“ an, runzele die Stirn und sage dann: „Ooooh, das macht der Zauberstab andauernd! Der kann sich einfach nicht gut benehmen.“ Ich unterstelle also dem Zauberstab, dass er absichtlich zerbricht, um uns zu ärgern. „Moment, ich muss mal ein ernstes Wort mit dem Stab reden.“ Ich nehme den Zauberstab, gucke ihn an und sage: „Hör damit auf! Wir sind hier in einer Vorstellung, da musst du dich vernünftig benehmen.“

Dann gebe ich Tobias den wieder festen Stab erneut, letzterer zerbricht prompt wieder. Alles lacht erneut, aber alle im Saal wissen jetzt, dass der Stab der Übeltäter ist und nicht etwa Tobias. Das halte ich für extrem wichtig. Ich nehme also wieder den Zauberstab und sage zum Publikum: „Das ist ja frech! Da muss ich mal deutlicher werden. Das wird jetzt etwas lauter, am besten haltet ihr euch mal die Ohren zu!“ Das machen die Kinder witziger Weise sofort und ich schreie den Zauberstab lautstark an: „Lass das!“

Dann gebe ich ihn repariert fröhlich an Tobias – und erneut zerbricht der Stab zur großen Freude des Publikums. Ich schüttele verständnislos meinen Kopf, nehme der Zauberstab und rede ihm wieder gut zu (ebenfalls sehr zur Freude des Publikums): „Wenn du damit jetzt nicht aufhörst, musst du heute Abend barfuß ins Bett!“ An diesem grandiosen Satz erfreuen sich die Kinder immer und es gibt oft lustige Kommentare dazu.

Jedenfalls zerbricht der erneut reparierte Zauberstab bei der nun folgenden Übergabe an Tobias wieder, ich nehme ihn, sage nur: „Also barfuß ins Bett!“ und lege ihn in meinen Zauberkoffer. Er darf nicht mehr mitspielen und wir setzen die Tücher-Routine fort.

Das Spielchen mit dem zerbrechenden Zauberstab dauert meistens so 3 – 4 Minuten und ist quasi ein „Trick im Trick“ – die eigentliche Routine wird so lange unterbrochen. Natürlich an einer Stelle, an der noch nichts Bedeutsames geschieht. Das Verfahren lehnt sich an Juan Tamariz an, der bei einem Seminar in Sindelfingen darstellte, dass man die Phasen eines Kunststücks deutlich trennen muss. Einführung, Comedy-Anteil und eigentlicher Trick sollten nicht vermischt werden, damit alles für die Zuschauer nachvollziehbar bleibt. Nach dem Comedy-Anteil mit dem Zauberstab geht also die Tücher-Routine erst richtig los.

4 thoughts on “Zauberstab benutzen??!!

  1. Wieder mal ein sehr schönes Thema!
    Regt zum Nachdenken über Dinge an, über die man sonst eigentlich nicht nachdenkt.
    Deine Beschreibung über die Verwendung des zerbrechenden Stabs gefällt mir übrigens ausgesprochen gut!
    Tja, zurück zur Frage, warum man überhaupt einen Zauberstab benutzt…
    Abgesehen von der tricktechnischen Erfordernis, ist der Zauberstab m. E. für die Allgemeinheit irgendwie „gesetzt“.
    Sprich: Insbesondere Kinder erwarten den Zauberstab doch förmlich.
    Aber selbst für Erwachsene ist er nichts unübliches, wenn er denn verwendet wird.

  2. Angeregt durch meinen eigenen Beitrag habe ich heute meine ganze Palette Zauberstäbe im Verkehrsprogramm eingesetzt und damit grandiose Lacher erzielt. Ole hat sich so kaputt gelacht, dass er keine Frage mehr beantworten konnte… – und als ich das gemerkt habe, hab ich fieser Weise immer noch eine Frage an ihn gerichtet. 🙂
    Jedenfalls haben wir viel Spaß gehabt und das Verkehrsprogramm ist dadurch aufgewertet worden.

  3. Mein Lieblingszauberstab ist der Pop-away-wand. „Für ein großes und schweres Zauberkunststück brauchen wir einen großen Zauberstab!“ Mutiert dann zum ‚Ärgerstab‘ wegen der wegfliegenden Enden und taucht später bei Einbeziehung von Kindern als Running Gag auf: „Möchtest dun auch mal…?“

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